Montag, 20. Februar 2017

Chatwelten


Wieder einmal zieht es Tamsin hinein in die bunte Online-Chat-Welt. Die Einsamkeit nagt an ihr wie ein Geier an einem Kadaver. Mal mehr, mal weniger. Der Chat ist für die der einzige Kontakt zur Gesellschaft. „Eigentlich habe ich gar keine Lust auf Chatten. Diese Langweil-standart-Flirt-kennenlern-Gespräche hängen mir so sehr zum Halse raus! Wenn ich online bin, dann eigentlich nur, um auszusortieren. Prompt wollen drei Leute wissen, was ich gerade mache. Die Antwort kann ich mir sparen, weil ich weiß, dass danach nichts mehr kommt. Zumindest nichts Sinnvolles.“
Ein anderer Typ wollte gewisse Bilder von sich schicken, weil es ihn anmacht.
Dann waren da wieder die üblichen Devoten, die behaupten, alles zu tun, sich dann aber doch nichts trauen. Also Tamsin glaubt, die Aussage „Ich bin sehr Devot, mache alles und suche eine Herrin.“ heißt im Chat so viel wie „Ich bin dumm und unkreativ und suche jemanden, der für mich denkt.“ Von solchen Leuten kommt nichts. Nichtmal die kleinste Anregung.
Auch derartige, schriftliche Rollenspiele sind in Chats sehr beliebt. So ein durchschnittliches Chat-RS sieht dann so aus:
Herrin: „Ich lege dir ein Halsband um.“
Sklave: „Ich lasse mir von der Herrin ein Halsband umlegen.“
Natürlich gibt es in Chats auch etwas anspruchsvollere Rollenspiele, doch wie bei den Gesprächen ist es etwas schwierig, einen Partner für ein Solches zu finden. Jemanden, der kreativ ist, intelligent, aber dennoch nicht eingebildet und spießig. Früher gab es sie noch zu Hauf, diese Rechtschreibfetischisten, die meinen, das Niveau mit Löffeln gegessen zu haben.

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