Freitag, 24. November 2017

Down



Heute war Tamsin mit Tischdecken dran. Eine Aufgabe, die sie nach kurzer Erklärung alleine bewältigen muss. Fragen stellen darf sie nur, wenn es wirklich wichtig ist. Da Tamsin noch nie zuvor eine Kaffeemaschine bedient hat, kommen prompt einige Fragen auf.
Naja. Zwar wird es ihr erklärt, doch Tamsin hat ständig das Gefühl, etwas falsch zu machen, wenn sie nachfragt, oder etwas vergisst und dran erinnert werden muss. „Ich habe vergessen, die Kaffeekanne zu holen.“ Alle saßen am Tisch, doch der Kaffee war noch nicht fertig. Tamsin sagt nicht, sondern tut, was getan werden muss, um zu vermeiden, wieder etwas Falsches zu sagen; zu machen.

Nach dem Essen begibt sie sich zum Zahnarzt. Ihre Chefin hat ihr einen Termin besorgt. „Wieder wurde eine ganze Ecke abgeschliffen.“, stellt Tamsin währenddessen erschüttert fest.  Es wird immer weiter geschliffen und poliert, und wenn das so weitergeht, ist von dem Zahn irgendwann nicht mehr viel übrig. Danach ist die scharfe Stelle wie üblich weg, doch es ist nur eine Frage der Zeit, bis sie wieder da ist. „Vielleicht sollte ich einfach eine Krone machen lassen.“ Aber welcher Zahnarzt macht das einfach so, und das möglichst schnell?

Tamsin soll sich an die Betreuer wenden, wenn sie Probleme hat, nicht mehr an ihre Eltern. Allerdings darf sie nur bei wichtigen Dingen hinkommen. Demnach hat Tamsin letztlich keine andere Wahl, als sich an ihre Eltern zu wenden – bei unwichtigen Problemen.

Nach vielen heiteren Tagen mit ihrer Kollegin in der Maßnahme erlebt Tamsin eine Downphase, in der sie die Tränen nichtmehr zurückhalten kann.
„Mein Klee bekommt hier keine Sonne und geht ein.“ Ihre Chefin meint, sie könne sie auch wo anders im Haus ans Fenster stellen, aber Tamsin traut sich nicht zu fragen. „Er sieht wirklich nicht mehr schön aus.“ Was man von den anderen Pflanzen hier auch nicht gerade behaupten kann. Aber was solls.
Tamsin ist dran, den Wohnbereich zu säubern. Aber der Feudel ist schon wieder weg. Sie traut sich nicht danach zu fragen, aus Angst, dass ihr vorgeworfen wird nicht richtig gesucht zu haben. „Ich bin sensibel, und so etwas geht mir nahe.“ Ihre geröteten Augen brennen.

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