Donnerstag, 2. Februar 2023

böser Alkohol

Böser Alkohol!
Depressionen Kommen und Gehen, nun waren sie schon eine Weile, also mehrere Tage bzw Wochen nicht mehr richtig da. Wobei sie nach der Medikamenten Umstellung fast weg zu sein schienen.
Gestern war ich bei einer Nachbarin und wir haben eine Serie angefangen zu schauen. Bier habe ich dabei getrunken, obwohl ich mit sowas eigentlich einige Tage Pause machen wollte, aber es schmeckt gut und dann kann ich nicht nein sagen.
Heute ist der erste Tag seit langem, an dem die Sonne scheint und es draußen auf dem Balkon richtig warm ist. Dennoch kann ich nicht glücklich sein, denn von ihr habe ich auch gestern erfahren, dass ihr Freund vom Jobcenter aus im sozialkaufhaus arbeiten soll oder muss.
Eigentlich sucht er auch büroarbeit, möchte nichts lieber als das, aber das findet er nicht und wird nun dorthin geschickt. Möglicherweise mit Konsequenzen, wenn er ablehnt. Dann kann er sich zwischen Möbel schleppen und Kasse entscheiden.
Nun schwebt wieder die Angst über mir wie eine schwarze Wolke, die Angst, dass mir auch so etwas passieren kann, zumal dieses Jahr in den nächsten Monaten wieder so eine Untersuchung der arbeitsfähigkeit dran kommt. Auch, wenn die Betreuerin sagt, dass es nicht passieren wird, ist da natürlich eine große Angst, das gesagt wird, ich soll in einer Behindertenwerkstatt arbeiten oder irgendwas anderes tun, was ich nicht mag, nur um überhaupt etwas zu tun. Verbunden mit langen Busfahrten oder überfüllten schulbussen, Anstrengung, Schmerzen und Zeitverlust. Dazu die Angst vor der Hilflosigkeit, selbst nichts machen zu können dagegen – außer Medikamente zu nehmen, die mich so müde machen, dass ich nichts mehr mitbekomme und schlimmstenfalls dann im Bus auf dem Rückweg einschlafe. Wobei das angesichts der 1000 Gedanken, die sonst noch aufkommen, das kleinste Übel ist. Am liebsten würde ich irgendjemanden erzählen, welche unaussprechlichen Gedanken die Vorstellung, wieder zum toilettenputzen, Küche oder an die Kasse geschickt zu werden, auslöst. Als ob das irgendwas daran ändern würde. Denn ein Leben, in dem man nicht tun kann, was man gerne möchte und tun muss, was man hasst, ist nicht lebenswert.
Noch scheint alles in Ordnung zu sein. Vielleicht ist das auch nicht die Angst vor diesen Tätigkeiten oder diesen Zwängen, sondern mehr die Angst davor, was es mit mir macht. Und die Angst, am Ende in einer Klinik zu landen. Mit doppelzimmer, wo man nicht essen kann was man essen will… diese Gedanken kommen immer zwanghaft und lassen sich nicht abstellen.
Denn die Wahrscheinlichkeit, zum Teller waschen irgendwo hingeschickt zu werden ist natürlich tausendmal größer, als ungelernt eine Bürotätigkeit in Teilzeit zu bekommen! Hier in meiner Stadt. Wo eine Ausbildung nicht möglich ist.
Alkohol hilft mir. Das denke ich, denn ich genieße den realitätsverlust, den eine ganze Flasche Rotwein auslöst. Ich will nicht abhängig werden, darum mache ich öfters einige Tage damit Pause, aber andererseits ist da auch immer diese Gleichgültigkeit, dass es auch keine Rolle spielt und ich sowieso schon ganz unten am Ende bin. Dadurch wird es nicht besser, aber alles fühlt sich besser an. Zumindest für den Moment.
Heute will ich nichts, weil ich gestern und zwei Tage davor schon etwas hatte. Gerade ist der Drang sehr groß und ich habe noch etwas im Keller. Aber sobald ich einmal anfange, selbst wenn ich mir nur ein Glas vornehme, wird es immer mehr. Der erste Tropfen verstärkt die Gleichgültigkeit so sehr, das ist mir dann auch egal ist, wenn es drei Gläser oder eine ganze Flasche wird.
Ich fühle mich stark antriebslos und habe keine Motivation, überhaupt irgendwas zu machen. Ich will nicht mehr malen, habe die Farben verkauft. Keine Lust ein Film zu gucken. Manchmal ist der Gedanke da, dass alles gute keinen Sinn mehr hat, weil es sowieso irgendwann böse enden wird. Mit mir.
Natürlich kann auch alles gut werden, aber wenn es etwas Gutes oder eine positive Kraft geben würde, dann wäre sie doch schon lange da gewesen!?
Demnächst habe ich wieder einen Termin bei der Therapeutin aber auch sie sagt dazu, dass man wohl nichts tun kann, außer dass ich eine Arbeitsstelle finde, bevor das Amt mir eine vermittelt, die mir dann nicht gefällt. Tagesklinik ist dieses Jahr vielleicht endlich möglich. Nachdem ich zwei Jahre mindestens damit warten musste, denn dort müssen die selbst aktuell noch täglich den ganzen Tag überall Mundschutz tragen. Selbst im Zug ist das nicht mehr nötig. Nur bei Ärzten und dort noch.
Meine Konzentration lässt wieder nach.
Und obwohl ich weiß, dass ich nie wieder vor Fremden vollgepinkelten stinkenden Toiletten auf die Knie gehen werde, weil es immer einen Ausweg gibt, kann ich diese Stimme in meinem Kopf schon hören, von dieser gesichtslosen Person, die sich in ihrem bürostuhl zurücklehnt und mir genau jenes befehlt.
Tatsächlich ist die Abneigung gegen putzen für fremde so stark dass ich selbst jetzt, wo man keinen Mundschutz mehr braucht nicht mehr in der tagesstätte neu anfangen will. Man muss einmal in der Woche ein Bereich in der Küche putzen, mit Kontrolle und abhaken. Ich bin immer ordentlich und hinterlasse alles sauber und finde es ungerecht, dann für andere putzen zu müssen, nur weil die das selbst nicht hinkriegen sauber und ordentlich zu sein.
Oh, eigentlich wollte ich jetzt nicht mehr darüber nachdenken!
Ich wollte Fenster putzen, aber nach dem staubsaugen und Aufräumen habe ich nun keine Lust mehr. Es ist auch wieder kälter geworden.
Viele Dinge habe ich vergangenes Jahr bei eBay verkauft. Ich hätte nie gedacht dass das alles so einfach ist. Dinge, für die ich keinen Platz mehr habe, keine Verwendung oder kein Interesse und die im Keller nur vergammeln würden, weil es feucht ist.
Gäbe es noch ein busticket oder 9 € Ticket, wie letztes Jahr im Sommer, könnte ich jetzt in den Bus steigen und irgendwo hinfahren, spazieren gehen oder einfach nur aus dem Fenster sehen. Das wäre eine gute Ablenkung. Selbst wenn ich nur alleine unterwegs wäre.
Stattdessen sitze ich hier unter der Decke und kämpfe gegen die dunklen Gedanken an. Überlege, das Medikament zum Schlafen zu nehmen oder Wein zu trinken. Ich könnte auch spazieren gehen. Aber, nee.
Vor einigen Wochen habe ich den Müll rausgebracht. Irgendeine Nachbarin, ich weiß nicht, ob sie überhaupt hier im Haus wohnt hat mich dorthin verfolgt und beobachtet. Plötzlich meinte sie, der papiermüll ist nicht flach genug. Obwohl ich mich vor ihren Augen hinaufgestellt und es mehrmals intensiv platt getreten habe, meinte sie, ich soll alles noch mal aus der Tonne rausholen und einzeln flach machen, ich dachte mir, noch flacher als beim drauftreten wird es nicht und habe sie ignoriert. Dann hat sie mir hinterher gerufen, sie würde mir den Müll vor die Tür legen. Obwohl die Tonne nur halb voll war und sowieso demnächst geleert würde, hat mich das alles ziemlich gestresst.
Andere Nachbarn werfen ganze Kartons komplett hinein und ich werde angemeckert, weil ich es ihrer Meinung nach nicht gut genug klein gemacht habe das hat dann auch wiederum Ängste ausgelöst. Ich habe immer noch Angst zum Müll zu gehen und sie da wieder anzutreffen. Nicht direkt Angst vor ihr, aber Angst, dass sie tatsächlich den Müll herausholt und hier im Treppenhaus verteilt.
Dabei waren derartige Ängste vor Menschen seit dem Einzug eigentlich komplett verschwunden bis jetzt.
Teilweise fühle ich mich von ihr unberechtigt provoziert und am liebsten würde ich ihr sagen, dass ich Angst habe. Angst, auch irgendwann so eine frustrierte Oma zu werden, die nichts besseres zu tun hat, als den Müll von anderen Leuten durchzuwühlen oder zu kontrollieren!
Noch nie im Leben habe ich mich getraut, sowas auszusprechen und andere fremde Menschen wütend zu machen, aber ein Teil in mir würde gerne. Irgendwie die Wut rauslassen. Die Wut darüber, dass sie Ängste in mir auslöst, die ich eigentlich schon losgeworden zu sein geglaubt habe.
Vielleicht gehe ich jetzt wirklich noch mal spazieren!

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