Tamsin
hat eine sehr unruhige Nacht hinter sich. Mit Kopfschmerzen und Tränen. Am
Abend zuvor hat sie geweint. Sie weiß nicht, ob die Kopfschmerzen davonkommen,
oder es andere körperliche Ursachen hat.
In
der Nacht bin ich ein paar Mal aufgewacht und mir kamen die Tränen, weil ich an
das Gespräch zurückdachte. Und daran, dass ich diese Abneigung gegen das Kochen
und den essen nichts entgegenbringen kann. Dass ich es tun muss egal ob ich
will oder nicht. Weil die anderen meinen, dass es mir guttut.
Ich
denke daran, wie es wäre, wenn es mich nicht geben würde oder, wenn ich nicht
geboren wäre. Dann müsste ich auch nicht traurig sein.
„In
der Tagesstätte fand heute ein Gespräch statt. Es ging um das Thema Essen und
Kochen. Dort wurde mir noch mal erklärt, dass es wichtig für mich wäre, wenn
ich das machen würde. Das ist mir gut tut. Nach der letzten Nacht voller Tränen
und Ernst habe ich schließlich nachgegeben. Die würden so lange auf mich
einreden, bis ich nachgebe. So war es schon immer. Genauso wie damals in der
Schule, als ich mein Platz bei den Mädchen an der Fensterseite gegen einen
Platz ganz hinten in der dunklen Ecke bei den Jungs eintauschen musste.
Die
Betreuer werden glücklich damit sein. Denn es wird mir guttun. Ob ich
unglücklich bin spielt keine Rolle.
Dass
ich mit Freude und Motivation mehr erreichen kann interessiert niemand. Mit
Druck und Zwang macht es mir keinen Spaß, sondern nur traurig. Aber die kriegen
dann ihren Willen und ich werde mich unterwerfen und das wird mir guttun.
Genau
dasselbe hat Frau Ti damals auch immer gesagt, als ich die Toiletten putzen
oder an der Kasse stehen musste. Es würde mir guttun.“
Ich
habe gefragt, warum es einige Menschen gibt, die nicht mit Essen und Kochen und
bei denen das akzeptiert wird und warum es bei mir anders ist. Warum ich so
unter Druck gesetzt werde und das unbedingt machen soll? Daraufhin wurde
gesagt, dass es ja bei jedem Menschen anders ist und die eben ihre Gründe
haben. Anscheinend sind deren Gründe viel wichtiger als meine.
Weil
ich letztes Jahr in der WG jeden Montag mitgegessen habe als Kochen war,
glauben die mir nicht mehr, dass es Sachen gibt, die ich nicht mag. Die denken,
ich will einfach nicht essen. Will mein Sturkopf durchsetzen. Die versuchen
mich dazu zu bringen, dass ich jeden Tag dort mitesse. Wenn es Leber mit
Sauerkraut und Kartoffeln gibt, soll ich halt nur die Kartoffeln essen. Denn
das andere mag ich nicht. Trockene Kartoffeln mit Salz allein schmecken mir
nicht, aber das ist egal. Ich soll mich dann eben nicht so >anstellen< - wie
eine Prinzessin.
Ich
soll trotzdem den vollen Preis für das Essen bezahlen, würde nicht satt werden
und müsste zu Hause noch mal kochen. Das ist so umständlich. Aber nur dann
würde ich zur Gruppe dazu gehören. Aha.
Den
einen Kampf habe ich verloren.
Diesen
werde ich nicht so schnell aufgeben.
Allerdings
bin ich nicht mehr so stark wie früher.
Die
werden mich unter Druck setzen, bis ich meinen eigenen Willen komplett verliere
und dort immer mit esse.
Angeblich
komme ich so voran. Aha.
Es
wird sich nie etwas ändern. Ich werde immer tun müssen, was andere wollen. Muss
essen, was andere wollen, anziehen, was andere wollen. Und dann wird gesagt, es
würde mir guttun.
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