Gestern
hatte Tamsin früher Schluss und während sie auf den Bus wartete, kamen ihre
Eltern vorbei. Die hatten Langweile und sind einfach so ein bisschen
rumgefahren. Tamsin wurde verboten, sich von denen bemuttern zu lassen. Sie
soll selbstständig werden. Nicht mehr von denen heimgefahren werden.
Tamsin
hat ein schlechtes Gewissen, als sie einsteigt, obwohl sie eigentlich etwas
ganz anderes vorhatte. Und sie hat Angst, dass ihre Betreuerin das mitbekommt
und dann wieder böse wird.
Dennoch
kann sie die Einladung zu einer Pizza nicht ausschlagen. Die Pizza am Hafen
schmeckt gut! Tausendmal besser als eine Eingefrorene. Danach will sie aber
nach Hause. Wollte noch etwas mit der Betreuerin besprechen.
Gegen
den Willen ihrer nun unglücklichen Eltern verzichtet sie darauf, noch weiter
mit denen rumzufahren und will heim. „Du wirst immer komischer.“, meint ihr
Dad, der das nicht versteht, dass Tamsin nichtmehr sein kleines Baby oder ein
treuer Hund ist.
Unterwegs
hat sie einen Anruf verpasst. Obwohl es nicht mal geklingelt hat. Blödes Handy.
Als
sie daheim ankommt – sie wollte noch von denen heimgebracht werden und geht
durch die Stadt – ist keine Betreuerin mehr da.
Tamsin
hat ein schlechtes Gewissen. Weil sie nichtmehr mit der reden konnte. Und weil
sie ihre Eltern deswegen versetzt hat.
Nun
hat sie Angst, weil sie eine Sache wegen Morgen nichtmehr klären konnte. Der
Termin ist nämlich schon 15 Min. früher als der Kerl zuvor gesagt hat. So steht
es auf dem Brief.
Obwohl
JOBB ihr Hoffnung gemacht hat, dass sie Verlängern könnte und dazu Teilzeit
bekommen könnte und nicht mehr an de Kasse oder Putzen müsse, hat Tamsin Angst.
Denn letztlich hat das JC das letzte Wort. Und wenn dort gesagt wird: Keine Teilzeit
und dass Tamsin wieder unangenehme Aufgaben erledigen muss, tja, dann weiß sie
nicht, was sie sagen soll.
Angeblich
sei die Maßnahme freiwillig. Aber sie weiß, dass das nur eine Illusion ist. Nichts
ist freiwillig! Wenn sie ablehnt, reden die anderen auf sie ein, dass sie es
tun soll. Oder sie muss in eine neue Maßnahme, die vielleicht noch unschöner. Dabei
waren die letzten Monate mit Frau Xai recht entspannend. „Damals wurde gesagt,
ich solle ich nicht so viel am PC sitzen.“ Frau Xai wusste nichts davon oder
hat dies ignoriert, damit Tamsin nichtmehr so unglücklich in der HWI ist und
nun hat sie Furcht, dass es auch darüber ein Donnerwetter gibt.
Don
textet sie weiterhin zu. Fragt dutzende Male: „Wollen wir zusammen
sein??????????? Willst du? Ja?????“
Seine
Angebote sind verlockend. Er würde auf alles verzichten, was sie nicht mag.
Würde alles für sie tun. Alles! Sie glaubt ihm. Denn er ist einsam und
verzweifelt. Tamsin kennt das. Würde sie ihren Traummann finden, würde sie auch
alles für ihn tun. Naja, das wäre wohl gelogen. Sie würde nicht die elendsten
Vollzeitjob den es gibt annehmen, um so viel Geld zu verdienen, dass sie ihm
alles kaufen kann was er will, nur damit er bei ihr bleibt. Denn dann hätte sie
ja gar keine Zeit mehr für ihn vor lauter Arbeit.
Don
hingegen… Vielleicht wäre seine Liebe real.
Tamsins
dagegen wäre es nicht. Sie kann ihn nicht lieben. Er ist kindisch, ignorant und
aufdringlich und das komplette Gegenteil von dem höflichen Gentleman, auf den
Tamsin wartet.
Wenn
Tamsin bedenkt, dass sie nie je geglaubt hat, dass sich ein niveauvoller Typ in
sie verlieben könne, könnte sie fast meinen, eine Göttin hätte Don gesandt, damit
er all ihre Wünsche erfüllt.
„Mit
ihm zusammen zu sein wäre vielleicht gar nicht anders, als würde ich mein Leben
mit den Eltern verbringen.“ Die kaufen ihr auch alles. Mit denen mag sie auch
nicht kuscheln, geschweige denn, sie heiraten.
Tamsin
ist nichtmehr so verzweifelt wie damals, dass sie ihre Seele für Besitztümer verkaufen
würde.
Für
ihren wahren Traummann würde sie auf all sowas verzichten. Ihr wäre egal, wenn
er kein Geld hätte und ihr nichts kaufen könnte, solange er zu ihr hält.
Dave
ist auch nicht ihr Traummann, aber er kommt dem schon ziemlich nahe. Er ist
höflich und zurückhaltend. Er geht es langsam an, weil er es ernstmeint, denkt
Tamsin. Vielleicht geht er es auch nur langsam an, weil er sich unsicher ist,
ob Tamsin wirklich die Richtige für ihn ist, oder, weil er in ihr nur eine
Bekannte sieht, die in der Achterbahn neben ihm sitzt, damit er nicht neben
fremden Leuten sitzen muss. Sie weiß es nicht.
Tamsin
mag die Ungewissheit nicht.
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