„Mein Zahn
kratzt an der Zunge. Obwohl ich genau weiß, dass dort nichts scharfes ist führe
ich schmerzen. Vielleicht sind diese Schmerzen gar nicht real. Vielleicht sind
sie nur ein Zeichen von Angst oder Stress. Dabei verlief der Tag überraschend
friedlich. Kein Stress und keine Angst, die mich heimsuchten. In meinem ersten
Maßnahmen Tag nach dem Urlaub saßen wir wieder am Computer. Wir sollten unsere
Ziele aufschreiben. Dinge die wir dort erreichen sollen. Ich habe meinen
schreib Künsten freien Lauf gelassen und die Leute wirkten erstaunt. Erstaunt
und beeindruckt von diesem modernen Bürokratendeutsch, welches man in so einer
Form eigentlich nur auf Formularen oder Anträgen zu lesen vermag. Ich tu gerne
formulieren und mich überdurchschnittlich ausdrücken. Über den Tag hinweg haben
sich meine gestrigen Ängste beinahe vollkommen verflüchtigt. Vielleicht hat der
gestrige Tag mir etwas mitteilen wollen. Vielleicht ist es an der Zeit, die
Realität zu akzeptieren. Irgendwann werde ich alle Dinge alleine erledigen
müssen. Es ist nicht gut und bringt mich nicht weiter, wenn ich mich auf der
Hilfe von den Eltern oder den Betreuern ausruhe ohne mir selbst Mühe zu geben.
Darum bin ich nach Feierabend am Sanitätshaus vorbeigegangen, wo ich mir meine
Einlagen abholen sollte. Ich bin einfach reingegangen. Habe natürlich zuvor
versucht mich zu informieren, was mich dort erwartet. Dass die Füße abgemessen
werden. Das alles lief problemlos ab. Da war ich froh. Ja viele Dinge sind
irgendwie doch einfacher als erwartet. Ich traue mir nur nichts zu, weil ich
solche Panik vor dem Ungewissen habe. Und wenn ich diese Panik über mich
herrschen lasse, werde ich immer in ihrem Schatten leben. Und ein Leben im
Schatten ist düster und öde, verläuft in der Abgeschiedenheit jenseits von
Glück und Freude. Nun wo die große Sorge mit der Zeit und Vollzeit ein wenig
zur Seite gedrückt ist, erwacht in mir der Drang noch mehr Gutes zu erreichen.
Vielleicht werde ich irgendwann wirklich eine Arbeitsstelle finden, in der ich
auch in Teilzeit genug Geld für ein unabhängiges Leben verdiene. Genauso sehr
wie das hätte ich gerne eine richtige eigene Wohnung. Mehr als dieses Zimmer an
diesen Ort, an dem ich mich immer noch höheren Mächten beugen muss. Eigentlich
ist es hier ganz angenehm. Selbst die Gruppenaktivitäten Punkt bis jetzt gab es
erst einmal oder wenn nicht sogar zweimal ein essen, was ich überhaupt nicht
mochte. Und das war mit Kohl. Da wusste ich sogar vorher schon, dass es mir
nicht munden wird. Also war es keine unangenehme Überraschung. Erstaunlich,
wenn ich jetzt zurückdenke, welche Angst ich davor hatte Dinge essen zu müssen,
die ich nicht leiden kann. Neue Dinge, die ich zuvor nicht gekannt hatte und
die mich negativ überraschen. Aber dies ist bislang eine sehr große Seltenheit.
Sogar das letzte Essen am Montag, bei dem ich vor den Zucchini solche Angst
hatte, war überaus wohlschmeckend. Ich habe noch ungefähr 4 Monate, dann wird
entschieden, ob mein wohnvertrag verlängert wird Komma sofern ich noch soviel
Hilfe brauche. Eigentlich ist es unwahrscheinlich, dass ich innerhalb dieser
kurzen Zeit lerne vollkommen selbstständig zu werden. Aber ich sollte versuchen
es zu schaffen. Nachdem ich mir die Einlagen bestellt habe, die nächste Woche
abgeholt werden müssen, er blühte in mir der Drang nach einem Döner. Aber in
meiner Jacke habe ich geschwitzt und wollte nach Hause. Daher habe ich mir
vorgenommen mir mal am Wochenende einen zu holen. Mit dem Fahrrad. Dafür habe
ich mir heute Nudeln mit Pesto zubereitet. Da ich nun um 15 Uhr immer zu Hause
sein kann, kann sollte ich die Zeit auch zum gesunden Kochen nutzen. Gerade
heute war ich darüber sehr erleichtert. Denn die Maßnahme hat einen auf den
Deckel gekriegt, weil die Leute immer oder öfters früher gehen als sie
eigentlich dürfen. Und ihre Zeiten nicht einhalten. Nun soll das so gemacht
werden, dass die Vollzeit Leute auch wirklich in Vollzeit da bleiben das war
bisher noch nie so. Bis 15 Uhr war das längste. Und das wohl auch nur wegen dem
Bus. Vielleicht war es ja meine Schuld, dass das Jobcenter und zufrieden ist
und alle nun bis zum Schluss bleiben müssen bei denen es so im Vertrag steht.
Bis 16 Uhr oder 17 Uhr. Denn während meines Gespräches über die Zeiten und
Teilzeit wurde erwähnt, dass es Kontrollen geben kann, wo das Jobcenter in die
Maßnahme kommt und guckt ob auch alles so abläuft wie es laufen soll. Und wenn
die dann sehen würden, dass die Leute ihre Vollzeit nicht einhalten und schon
zu Hause sind, gäbe es Ärger. Für alle. Irgendwie ist es seltsam, dass diese
bürokratische Regelung gerade jetzt in Kraft tritt, wo Vollzeit kein Thema für
mich mehr ist. Ich war echt erleichtert. Dann käme ich mit dem Bus der dafür sorgt,
dass ich eine Stunde später nach Feierabend immer erst zu hause bin um 17 Uhr
oder 18 Uhr heim, wäre ich mehr als nur erschöpft. Oder ausgehungert.“
Tamsin ist
froh, dass sie ihren Problemen Gehör verschafft hat und nicht weiterhin alles
verschwiegen hat, aus Angst, man würde sie als faul abstempeln, nur, weil
Vollzeit sie ein bisschen überfordert hat.
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