Samstag, 2. Juni 2018

Abschied von Oma

Seit einigen Tagen ist Tamsin für Sonntag mit Dave verabredet. Sie planen ein treffen. Am Strand. Und wollen grillen.
Den Vormittag verbrachte Tamsin unter dem damit, mit eine Mitbewohnerin für Montag einzukaufen. Das war gar nicht so schlimm. Die Frau war nett. Hat Tamsin sogar mitentscheiden lassen, wie das Gericht, dass sie am Montag zubereiten, werden soll. Über die Tatsache kommen Tamsin die Tränen, weil sie es gewohnt ist, dass anderen ihre Meinung egal ist und sie immer nur tun muss, was die wollen.
Tamsin hat sie Zeit genommen und fährt erst spät am Nachmittag zu den Eltern – und das auch nur, weil ihre Oma im Sterben liegt und sie ins Heim fahren, um Lebewohl zu sagen. “es war ein trauriger Anblick.“
Eigentlich wollte Tamsin das WE ohne die Eltern verbringen. Langsam erkennt sie, dass es auch schön sein kann, Zeit nur für sich zu nutzen. Einkaufen zu fahren mit dem Rad, dass ihr Dad doch noch reparieren konnte. Oder in die Stadt zu gehen. … Auch, weil ihre Betreuer langsam ungeduldig werden. >„Die Therapie kann nicht weitergehen, wenn Tamsin ihr Leben weiterhin den Eltern widmet.“< Die werden böse, und Tamsin ist sensibel und mag sowas nicht.
Draußen ist es wie im Hochsommer!
Aber hängt dies mit ihren schlaflosen Nächten zusammen? „Ich kriege nur schwer ein Auge zu. Wache nachts auf und wälze mich hin und her.“ Heute wurde sie um 7 von den Eltern am Telefon geweckt. Normalerweise steht Tamsin um 5 auf. Aber da sie die halbe Nacht wach lag… Hm.

Am Abend ist Feuerwerk an einer Seebrücke. Würden so spät noch Busse fahren und wäre dies nicht so teuer, hätte sie Dave gefragt, ob er mit ihr dahin mag.
Er hat sie vorhin gefragt, ob er bei ihr übernachten könnte. Tamsin ist verwirrt, dass er das will. Und das macht sie traurig. Er ist so nett und Tamsin weiß nicht was noch daraus wird und hat Angst vor Enttäuschungen. Hat er sie wirklich gerne? Da sie Montag kochen hat, sagt sie, dass sowas noch nicht geht. Nicht so spontan.

Und bleibt betrübt. Mittwoch hat sie einen Termin beim Jobcenter. Es geht um die Verlängerung der Maßnahme. Sie hat Panik, dass es wieder wird wie bei Frau Ti und sie wieder Dinge tun muss, die sie depressiv machen, um zu erkennen, dass das echte Arbeitsleben auch nicht immer alles rosig ist.
Tamsin fühlt sich als könne sie die ganze nächste Woche durchweinen. Hoffentlich wird sie den Tag am Strand mit Dave morgen genießen können.

Das Feuerwerk am Abend war schon schön. Besser wäre es, hätten sie nicht 3 St. Warten müssen, weil die Eltern so früh loswollten, aus Panik, dass sie später keinen Parkplatz mehr abbekommen. „Wir haben Eis gegessen.“ Tamsin wollte einen Cookiebecher. Aber anstatt Kekseis findet Tamsin unter der Sahne Vanilleeis! Sie ist wütend. Hätte es am liebsten beanstandet. Doch ihre Mom will das nicht. Sie hat Mitleid mit der Armen Verkäuferin, die auch so schon genug Stress hat und für ihr Geld so hart arbeiten muss, sodass sie kurzerhand einen neuen Eisbecher mit Kekseis bestellt, und Tamsins verschmähtes Vanilleeis selbst verspeist. Da Tamsin das nicht zu bezahlen braucht, ist es ihr letztlich egal. Diese Tatsache mindert ihre Wut ein wenig.
„Wir sind ein bisschen rumgegangen und mit dem Handy verging die Zeit dann doch recht schnell.“ Abgesehen von dem Akku, der immer leerer wurde.
Um 23:50 war Tamsin dann wieder daheim. Sie war todmüde! Ist sofort ins Bett gefallen.
Dabei fasst sie einen Entschluss: Sie will so schnell wie möglich geistig gesundwerden – sollte sich aus der Sache mit Dave Mehr entwickeln. Sie will aus der WG ausziehen und eine eigene Familie gründen. Dieser Traum wird nur von einer Sorge überschattet: Wird sie das überhaupt schaffen, wenn sie irgendwann richtig in Vollzeit arbeiten muss? „Wird die Hoffnung stark genug bestehen bleiben, selbst wenn ich in eine Spülküche oder einer Fabrik Dauerstehen muss. Den ganzen Tag?“ Oder wird diese Angst Wahrheit werden, sodass Tamsin dieses Leben ablehnt und in einer Klinik endet?

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen